Vierter Wochenbericht

Meinen letzten Wochenbericht habe ich mit den Erfahrungen geschlossen, dass wir auch gelegentlich schwer kranke Patienten mit Krankenhauseinweisungen in der nächsten Woche wiedersehen. Dass dies auch bei unserem stark unterernährten Kind der letzten Woche der Fall sein könnte, habe ich nicht für möglich gehalten. Meine vierte Woche beginnt jedoch leider genau mit diesem Vorfall.

Wir erfahren, dass die stationäre Behandlung bereits nach sechs Tagen abgebrochen wurde. Dabei hat sich die Familie aus privaten Gründen gegen den Rat der Ärzte selbst entlassen. Das Krankenhaus ist weit vom Wohnort der Familie in Dhaka entfernt. Die Familie ist neu in der Hauptstadt und sie haben keine Verwandten hier. Die Mutter ist selbst unterernährt und krank. Ich sehe, wie sie kraftlos versucht das schreiende Kind zu beruhigen. Viel Frustration und Resignation lese ich in ihrem Gesichtsausdruck. Sie möchte nicht allein im Krankenhaus mit ihrem Kind bleiben. Ich bin gelinde gesagt wirklich sprachlos. In Deutschland würde man in diesem Fall sicher eine einstweilige Verfügung wegen Kindeswohlgefährdung und eine Inobhutnahme durch das Jugendamt anstreben. Ich erkläre dem Vater nochmals in aller Deutlichkeit, dass das Risiko, erst sein Kind und anschließend seine Frau zu verlieren, angesichts dieser Befunde Realität werden könnte. Wir wollen eine Vermittlung an ein lokales Krankenhaus organisieren. Ich möchte zusätzlich zumindest versuchen, einen Sozialarbeiter für die Familie zur beschaffen. Kurz darauf verlassen sie rasch unsere Ambulanz. Die Übersetzer versichern mir, dass sie alle Vorbereitungen treffen möchten, um dann in einer Stunde wieder zu kommen und mit uns erneut ins Krankenhaus zu fahren. Es fällt mir schwer euch mitteilen zu müssen, dass wir in der Folge leider vergebens gewartet haben…

Anschließend kommt eine 32-jährige Patientin, die angibt, seit fünf Jahren an einer Diabetes-Erkrankung zu leiden. Laut eigener Aussage nimmt sie regelmäßig ihre Medikamente, die sie sich in einer Apotheke beschaffen kann. Der zunehmende Durst und der häufige Toilettengang stören sie in der letzten Zeit jedoch zunehmend. Wir schreiten zur Tat und zücken das Blutzuckermessgerät. Ich habe zwar noch keine lange Erfahrung in der Behandlung der Diabetespatienten, einen so hohen Wert habe ich jedoch auch noch nicht erlebt. Das Messergebnis ist mit 22,6 mmol/l doppelt so hoch, wie der maximale Grenzwert. Meine internistische Kollegin weist mich darauf hin, dass dieser Wert eine Krankenhausbehandlung mit kontrollierter Insulintherapie bedeutet. Ich folge ihrem Rat und fülle die Einweisung ins örtliche Krankenhaus aus.

Am Montag besichtigen wir zum ersten Mal den angrenzenden Slum unserer Ambulanz. Auch hier wohnen viele Menschen direkt an den Bahnschienen. Es gleicht einem Wunder, dass hier verhältnismäßig wenig Leute mit Verletzungen umherlaufen. Regelmäßig donnern Schnellzüge vorbei, die sich zwar durch lautes Hupen ankündigen aber zum Bremsen wäre es viel zu spät. Bei unserer Besichtigung fällt uns eine Mutter mit einem jungen Baby ins Auge. Sie erzählt uns, dass es zu früh geboren ist. Die Mutter leidet zudem an einer Tuberkulose und sie wiegt gerade einmal 30 kg. Wieder eine sehr ungünstige Kombination, die sich besonders drastisch auf ihr Neugeborenes auswirkt. Es liegt schlapp im Arm der Mutter. Unsere Schwester wiegt es und sie schreibt 2 kg in unser Untersuchungsheft. Ich denke, selbst diese Gewichtsangabe ist noch zu hoch. Die Haut des Babys ist dreckig, es atmet schwer und ich denke ebenfalls an eine zusätzliche Infektion. Wir weisen Mutter und Kind wieder in ein spezielles Krankenhaus für unterernährte Kinder ein. Ich denke wieder an das unterernährte Kind vom Vortag. Wut und Frustration mischen sich zu gleichen Teilen. Die nächsten Patienten warten schon.

Ein älterer Mann kommt in die Ambulanz gehumpelt. Auf seinem rechten Fuß befindet sich eine offene eitrige Wunde. Ein Gerüst ist vor zwei Tagen auf seinen Fuß gefallen. Jetzt ist er zudem noch angeschwollen. Eine Fraktur kann der Mann mit Sicherheit ausschließen. Ansonsten könne er ja nicht mehr laufen, versichert er mir. Neben einem Wundverband werden wir trotzdem ein Röntgenbild aufnehmen lassen, nur zur Sicherheit. Der nächste Patient bietet meinem Übersetzer doch einige Schwierigkeiten. Neben Brennen beim Wasserlassen, Ausfluss, Schmerzen und tröpfchenweisem Urinabgang ist alles dabei. Ich veranlasse eine Urinuntersuchung und wir führen einen Ultraschall durch. Die Harnblase ist auch nach dem Wasserlassen noch gefüllt. Hier stellt sich ebenfalls eine unklare Masse dar. Ich tippe auf einen Prostata- oder Blasentumor. Nachdem ich dem Patienten die Befunde erklärt habe, eröffnet er uns, dass er schon im Krankenhaus war und die Ärzte ihm eine Operation nahegelegt haben. Vielleicht wäre diese Information ca. 20 Minuten vorher auch von Nutzen gewesen!? Teilweise wundert es uns aber schon, dass einige Patienten schon ausführliche Diagnostik genossen haben und dann trotzdem nochmals in unserer Ambulanz vorstellig werden.

Am Dienstag bittet uns mein Übersetzer nach der Arbeit noch auf einen Besuch in das nah gelegene private Krankenhaus zur „Visite“ eines noch sehr jungen Verwandten mitzukommen. Weil es sich dabei um eine Neugeborenenintensivstation handelt, ist der Besuch für mich gleich umso spannender. Das Baby ist gerade einmal sechs Wochen alt. In der vergangenen Woche begann es plötzlich mehrmalig zu krampfen. Die Ärzte vermuten eine Neugeboreneninfektion mit Beteiligung des Gehirns (Meningitis), weshalb sie eine antibiotische Therapie begonnen haben. Es wirkt befremdlich, dass es dann bei einer einfachen Diagnostik geblieben ist und beispielsweise Laborwerte nicht erneut kontrolliert wurden und keine Ultraschalluntersuchung des Gehirns durchgeführt wurde. Die Stationsärztin erklärt uns hierzu, dass man den Erfolg der Therapie am Beenden der Symptome ablesen kann. Ich fühle ein inneres Verlangen diverse weitere Untersuchungen durchzuführen. Sicherlich müssen immer die lokalen Behandlungsrichtlinien beachtet werden. Ich empfinde gerade hier eine Krankenhaus-Kooperation im Bereich der spezialisierten Medizin als sehr sinnvoll und nachhaltig. (siehe Gedanken zur Arbeit in einem medizinischen Entwicklungsprojekt). Dies sind hier jedoch nicht die Aufgaben der German Doctors.

An unserem arbeitsintensiven Mittwoch will die Warteschlange kein Ende nehmen. Von morgens bis abends werden wir in der Ambulanz sitzen. Dabei sehe ich unglaublich viele Hauterkrankungen, darunter allein 16 Mal einen Scabies-Befall, wobei nicht selten die gesamte Familie betroffen ist. Zum Tagesabschluss gibt es noch ein kleines seltenes pädiatrisches Highlight für mich. Ein Kind sitzt fröhlich auf dem Schoß der Mutter. Die starke Unterernährung scheint dem Mädchen nichts von ihrer Lebenslust genommen zu haben. Die kleine Patientin wird von der Mutter regelmäßig zur Gewichtskontrolle in unserer Ambulanz vorgestellt. Stetig aber langsam nimmt sie hier an Gewicht zu. Doch irgendwie wirkt der Schädel sehr quadratisch und an den Handgelenken finden sich merkwürdige Schwellungen. Mein Übersetzer konnte zum Glück diese Zeichen richtig deuten, denn ich habe in meinem Leben noch nie ein Kind mit Rachitis (Vitamin-D-Mangel) gesehen. Zur Vorbeugung verschreiben wir Kinderärzte in Deutschland eine tägliche Vitamin-D-Gabe im ersten Lebensjahr. Besonders durch die Mangelernährung (geringe Aufnahme von Milchprodukten mit hohem Calciumgehalt) und auch die mangelnde Sonneneinstrahlung z.B. bei verhüllten Frauen bekommt man in unseren Projekten gelegentlich auch diese Erkrankung noch zu Gesicht.

An unserem letzten Arbeitstag in dieser Woche beginnen wir, wie gewohnt mit einer kleinen Weiterbildung. Dabei bereiten wir Ärzte für unsere Mitarbeiter immer neue Themen vor. Heute geht es beispielsweise um den Herzinfarkt. Obwohl ich mich in der Lehre recht wohl fühle, stellen mich die Lehrveranstaltungen hier regelmäßig auf die Probe. Selbst bei unserem medizinisch vorgebildeten Personal fehlt es oft an wichtigen Grundlagen.

Kurz darauf wird es wieder ernst für uns. Wir müssen ein stark dehydriertes Kind behandeln. Das kleine Mädchen hat zudem sehr hohes Fieber bis 40°C. Wir möchten es sofort ins Krankenhaus bringen aber die Oma erzählt uns, dass die Mutter arbeiten ist und sie sich noch um die vier weiteren Geschwister kümmern muss. Wir müssen also improvisieren. Ich habe schon die Infusion vorbereitet, als das Kind plötzlich erwacht und einen großen Schluck aus unserem Becher nimmt. Wir funktionieren kurzerhand unser kleines Sprechzimmer in einen Behandlungsraum um. Die kleine Patientin wird unter einem Ventilator auf eine Trage gelegt. Das Fieber senken wir mit Paracetamol und sie erhält ein Antibiotikum. Die Mutter kommt dann anschließend doch noch zu Besuch. Sie wird nun neben uns sitzen bleiben und Schluck für Schluck den Wasserhaushalt ihrer Tochter wieder regenerieren. Am Ende des Arbeitstages sind wir froh, dass unsere Tagespatientin sogar noch ein paar Kekse zu sich genommen hat. Die Temperatur ist deutlich gesunken und auch die Farbe ist in ihr Gesicht zurückgekehrt. Die Mutter wird zu Hause weiter auf sie achten müssen. Ich hoffe, das Antibiotikum schlägt rasch an, damit sich diese Situation nicht mehr wiederholen kann.

Wir sehen in unseren Ambulanzen täglich viele Patienten, die wir routiniert therapieren können. Bei ein paar Patienten können wir einen Unterschied machen. Jedoch muss unsere Hilfe auch von ihnen angenommen werden. Diese Woche zeigte, wie unterschiedlich unsere Erfahrungen hier sein können.

Zweiter Wochenbericht

Unsere Woche beginnt, nicht wie gewohnt am Montag, sondern am Sonntag. Im muslimisch geprägten Bangladesch ist der Freitag entsprechend dem christlichen Sonntag Ruhe- und Bettag.

Als einer der ersten Patienten stellt sich eine hochschwangere Frau mit Unwohlsein und Schwindel vor. Hier sind besonders Infektionen und Gestosen (umgangssprachlich Schwangerschaftsvergiftungen) wichtige Differenzialdiagnosen, die es zu beachten gibt. Der Blutdruck liegt im grünen Bereich. Ein positiver Urinbefund bringt die entscheidenden Hinweise: Die Dame hat einen Harnwegsinfekt. Ich versuche mich als nebenberuflicher Geburtshelfer und halte den Schallkopf auf den prallen Bauch. Das Baby ist nicht zu übersehen. Die Mutti strahlt, als sie ihr Kind auf dem kleinen mobilen Ultraschallmonitor sieht. Ich empfinde den Herzschlag als regelmäßig und somit attestiere ich keinen kindlichen Stress. Auch die Fruchtwassermengen sehen adäquat aus. Bei der Darstellung des Geschlechts scheitere ich jedoch. Es wird eine Überraschung bleiben. Trotz Überredungsversuchen wird sie ihr Kind (so, wie bereits die ersten drei) ebenfalls zu Hause gebären. Auch wenn die Muttersterblichkeitsrate von Bangladesch mit 176 Todesfällen auf 100.000 Geburten 1 hoch erscheint (Vergleich Deutschland 6/100.000 Geburten, Daten von 2015 2), so wurden in den letzten Jahrzehnten großartige Erfolge bei der Umsetzung der UN Millennium Development Goals erzielt und die Mütter- und Kindersterblichkeit deutlich reduziert. 3

Der nächste Patient ist mir noch von der ersten Woche bekannt. Es ist unser Ersatzfahrer (etwas 60 Jahre), der in der vergangenen Woche (wegen der Feiertage) unseren Einsatzwagen gesteuert hatte. Ein positiver Urinbefund ließ mich damals die Diagnose eines Harnwegsinfektes stellen. Eine antibiotische und schmerzlindernde Therapie wurde mit Ihm besprochen. Die Schmerzen sind in der aktuellen Woche auch gut rückläufig, jedoch beschreibt er weiterhin das brennende Gefühl beim Wasserlassen. Zudem fällt eine Lymphknotenschwellung auf und er berichtet über gelegentlichen Ausfluss aus der Harnröhre. Anschließend passiert etwas, was ich nicht für möglich gehalten hätte. Er offenbart uns, dass er vor ca. vier Wochen bei einer Prostituierten war und seit zwei Wochen die Symptome immer intensiver wurden. Wir schicken ihn zu einem Labor und testen auf Syphilis. In der Zwischenzeit bekommt er eine standardisierte Antibiotikatherapie, die bei vielen sexuell übertragbaren Erkrankungen Wirkung zeigen sollte.

Der nächste Tag startet mit einem vollen Wartezimmer. An diesem Ort haben wir bereits seit längerer Zeit eine feste Sprechstunde etabliert. Es gibt dementsprechend auch viele chronisch kranke Patienten, die nur wegen ihrer Dauermedikation kommen. Westliche Volkskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck sind die Klassiker. Zwischenzeitlich gibt es auch interessante Fälle wie ein Kleinkind mit stark ausgeprägter oraler Candida-Infektion (Pilzerkrankung). Dann stellt sich eine Patientin mit anhaltendem Tremor (Zittern) der Hände vor. Eine Vorgängerin vermutete hier eine Parkinson-Erkrankung. Sie war bereits beim lokalen Neurologen vorstellig. Die empfohlene Dauermedikation haben wir hier leider immer noch nicht in unserem Repertoire. Eine Medikation erscheint auch nicht sinnvoll, denn sobald die Medikamente nicht regelmäßig bezogen werden können, sollte die Medikamenteneinnahme nicht abrupt beendet werden, denn viele Medikamente müssen behutsam auf- und abdosiert werden. Sobald diese Möglichkeit nur unzureichend gegeben ist, sollte man eher auf Grund der zu erwartenden Nebenwirkungen auf einen Therapieversuch verzichten. Diese Entscheidung zu treffen, fällt nicht leicht.

Am Nachmittag kommt der ältere Patient der vergangenen Woche mit seinem Abszess zur Verlaufskontrolle. Die Schwellung ist tatsächlich rückläufig. Nur hat er jetzt schon seit einigen Tagen Ausfluss aus seinem rechten Ohr. Ich stelle eine Entzündung des äußeren Gehörgangs (Otits externa) fest und verschreibe Ohrentropfen. Wenig später kommt eine ältere Dame die angibt, seit längerer Zeit zur Abtötung von potentiellen Würmern regelmäßig einen Schluck Kerosin zu trinken. Verdutzt frage ich nach der korrekten Übersetzung aber mein Übersetzer schmunzelt nur und wiederholt die Aussage. Wir verschreiben ihr vorsichtshalber ein herkömmliches Entwurmungsmittel und geben den Rat die Einnahme von Kerosin lieber einzustellen. Alternativ sollte sie anschließend lieber keine Zigarette rauchen. 😉

Eine Frau berichtet am nächsten Tag von merkwürdigen Veränderungen ihrer Finger- und Zehennägel. Seit längerer Zeit verfärben sich diese an ein einigen Stellen dunkelgrün und sie werden stark porös, bis sie die krankhaften Regionen schlussendlich abschneidet. Das führt neben dem kosmetischen Manko ebenfalls zu Schmerzen und die offenen Wunden sind Eintrittsstellen für weitere Krankheitserreger. Da ich auch nicht mehr weiter weiß, kontaktiere ich unseren Dermatologen in Deutschland. Am Folgetag kommt bereits eine rasche und ausführliche Antwort. Der erfahrene Kollege vermutet den Befall mit einem speziell feuchtigkeitsliebenden Bakterium (Pseudomonas aeruginosa), welches durch den häufigen Kontakt zu Wasser unter den Nägeln Kolonien gebildet hat. Ich werde in der kommenden Woche mit der Patientin die vorgeschlagenen Therapiehinweise besprechen. Eine ältere Dame fängt nach der Begrüßung sofort an zu weinen. Ich erfahre, dass sie vier Söhne hat, die sich jedoch nicht um sie kümmern und sie aktuell bei Bekannten in der Gegend unterkommen kann. Ihr Alter führt dazu, dass sie nicht mehr arbeiten und somit kein Einkommen mehr generieren kann. Wir versuchen ihr gut zuzureden. Ändern können wir nichts. Die verschriebenen Multivitamin- und Eisenpräparate werden gegen den Hunger und den Schmerz nicht weiterhelfen. Zum Abschied streichelt sie meinen Kopf und sie bedankt sich ausführlich. Unter Tränen verlässt sie unsere Sprechstunde.

Am Mittwochmorgen ist leider unser Fahrer akut erkrankt. Kein weiteres Teammitglied ist in der Lage, den Wagen zu fahren. Ein Führerschein ist keine Selbstverständlichkeit. Das Team ist zur Improvisation gezwungen. In einer Krisensitzung wird der Plan gefasst, heute per Rikscha zum Einsatzort zu fahren. Mit Tempo geht es durch die verwinkelten Gassen von Dhaka, wo gerade das Leben erwacht. Als wir ankommen, warten bereits wieder viele Patienten auf uns. An diesem Tag sehe ich einen Säugling, der mich ganz apathisch anguckt. Eine anhaltende Magen-Darm-Infektion kann, verbunden mit den hiesigen Temperaturen, rasch eine starke Dehydratation (Wassermangel) auslösen. Die Augen des Kindes sind eingefallen, die Lippen trocken und es ist sehr schwach. Ich beschließe, das Kind ins örtliche Krankenhaus einzuweisen. Leider ist durch unseren Krankheitsfall eine Verlegung mit unserem Fahrer nicht möglich. Wir reden lange und intensiv mit der Mutter, die sich daraufhin auf den Weg in die Rettungsstelle macht. Am Nachmittag stellen sich die Zwillinge Rony und Jony vor. Sie haben eine besondere Geschichte. Da sie nach ihrer Geburt sehr untergewichtig waren, wurden sie auf die damalige Fütterungsstation unseres Projekts aufgenommen. Durch die intensive Zuwendung des Teams haben sie sich hervorragend entwickelt. Nun kommen sie beide mit unsäglichem Juckreiz am gesamten Körper. Ein mittlerweile geschulter Blick und die Diagnose ist rasch gestellt. Es handelt sich bei den Zwillingen um eine Infektion mit der Krätzmilbe. Neben der medikamentösen Therapie müssen viele Hygienehinweise umgesetzt und die gesamte Familie mitbehandelt werden. Bei einem Misserfolg droht eine Reinfektion und die Therapie muss von vorn begonnen werden.

Die Woche ist dem Übergang gewidmet. Viele Leute kehren von ihren Familien auf dem Land nach Dhaka zurück. In der Stadt herrscht geschäftiges Treiben. Im Gleichschritt nimmt das Verkehrsaufkommen ebenfalls deutlich zu und wir benötigen mehr Zeit, um uns jeden Morgen und Nachmittag den Weg durch die Stadt zu bahnen. Der Regen nimmt ebenfalls an Fahrt auf und es gibt Tage, an denen es durchgehend regnet. Ein Vorgeschmack auf die kommenden Wochen …